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Newsletter 05.2020

China News
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Sehr geehrte Damen und Herren,

China war 2019 zum vierten Mal in Folge Deutschlands wichtigster Handelspartner, meldete das Statische Bundesamt Anfang März. Seit vier Jahren importieren wir mehr Waren aus dem Reich der Mitte als aus jedem anderen Land. China bleibt wichtiger Produktionsstandort und entscheidender Markt. Eine Nachricht, die fast anachronistisch wirkt, in Zeiten, in denen alles stillzustehen scheint, und Geschäftsreisen nach China nahezu unmöglich geworden sind.
Wie sieht die Welt nach Corona aus? Wird Covid-19 zum „politischen Virus“, das über Jahre hinweg aufgebaute Beziehungen auseinanderdriften lässt? Es gibt eine Vielzahl an Fragen. Doch es gibt auch positive Zeichen: In Wuhan zieht der Automarkt wieder an, ein Hoffnungsschimmer für die deutschen Autobauer. Und nachdem anfangs deutsche Unternehmen Hilfslieferungen nach Fernost geschickt hatten, erreichen uns nun Schutzmaterial-Spenden aus China.

Bleiben Sie zuversichtlich und gesund!

Ihre Astrid Oldekop 

AOAstrid Oldekop
Chefredakteurin
China Business Forum
cbf@mdb-consult.com

China News

Nach Corona: Was Unternehmen jetzt tun müssen

Wuhan

Die Aufhebung des Lockdowns nach 76-tägiger Abriegelung feierte die Stadt Wuhan am 8. April mit einer großen Lichterschau (Foto). Wie sich internationale Unternehmen im China nach der Corona-Krise aufstellen sollten, das analysiert das Blog der auf Strategie- und M&A-Beratung fokussierten Beratungsgesellschaft InterChina. In den kommenden fünf bis zehn Jahren werde es zur Entkoppelung zwischen den USA und China kommen, regionale Blöcke werden gestärkt, eine Entwicklung, die Covid-19 verschärft habe. Die regionalen Blöcke werden durch enge Vernetzung von Versorgungsketten und Infrastruktur sowie Internet-Governance und gemeinsame Technologiestandards gekennzeichnet sein.
Diese Verschiebungen werden tiefgreifende Auswirkungen auf Unternehmensstrukturen und Übernahmen haben: Multinationale Unternehmen werden ihre globalen Lieferketten risikoärmer gestalten, indem sie die Abhängigkeit von der Produktion in China verringern, zugleich werden sie den chinesischen Markt weiterhin als oberste strategische Priorität für das Umsatzwachstum betrachten. Das erfordere einen stärker regional ausgerichteten Ansatz in Bezug auf Autonomie, Lieferketten und Größenordnung in China. Wer Akquisitionen plane, sollte jetzt mit einem Gefühl der Dringlichkeit vorgehen, rät InterChina. Denn viele chinesische KMU haben Schwierigkeiten, sich von den Folgen der Pandemie zu erholen, und werden Investoren oder Käufer suchen. Große chinesische Unternehmen sind jedoch hungrig, Marktanteile zu erobern, und werden selbst nach Übernahmen suchen.

Quelle: InterChina, Foto: Shutterstock

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China News

Tencent investiert in deutsches Flugtaxi

Der deutsche Flug-Taxi Entwickler Lilium hat frische finanzielle Mittel über eine vom chinesischen Internet-Giganten Tencent geleitete weitere Finanzierungsrunde von Investoren erhalten. Das Münchener Luftfahrtunternehmen hat damit eine Finanzierungsrunde mit einem Volumen von über 240 Millionen Dollar abgeschlossen, schreibt die Webseite IT-Times. Das Start-up entwickelt ein vollelektrisches senkrechtstartendes Start- und Landeflugzeug für die regionale Luftfahrt. Zu den weiteren, bestehenden Investoren zählen Atomico, Freigeist und LGT. Lilium hat damit insgesamt nun mehr als 340 Millionen Dollar an Risikokapital für das Wachstum eingesammelt. Das Geld fließt in die Weiterentwicklung und die Vorbereitung für die Serienproduktion des Lilium-Jets in den neuen Produktionsstätten des Unternehmens.
Ab 2025 will Lilium in mehreren Regionen der Welt einen regionalen Flugmobilitätsdienst betreiben. Die erste Phase der Flugtests eines fünfsitzigen Elektro-Flugzeuges ist kürzlich abgeschlossen worden. „Bei Tencent haben wir uns verpflichtet,  Technologien zu unterstützen, von denen wir glauben, dass sie das Potenzial haben, die größten Herausforderungen unserer Welt zu bewältigen“, erklärte David Wallerstein von Tencent.

Quellen: Lilium, IT-Times, Foto: Lilium

 

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China News

Auto-Boom in Wuhan

Als sich Wuhan im April wieder öffnete, waren viele Autohändler überrascht, zitiert die Webseite msn den Nachrichtendienst Bloomberg. „Ich war ziemlich schockiert“, kommentierte ein Audi-Händler aus Wuhan die Entwicklung, der Käufe auf Vorjahresniveau verzeichnete. „Das ist wie ein Boom nach zweimonatigen Ruhephase.“ Sollte der Besucherstrom in den Autohäusern Wuhans ein Anhaltspunkt sein, dann könnte sich das Autogeschäft in China und vielleicht auch weltweit schnell erholen, vermuten die Autoren. In ganz China, dem größten Automarkt der Welt, haben die Autoverkäufe seit Anfang Februar angezogen, nachdem sie zuvor wegen der Pandemie völlig eingebrochen waren. Viele Verbraucher sehen in den Autos eine sichere Alternative zum öffentlichen Nahverkehr. Zurzeit werden vor allem kleinere Modelle verkauft, was die Vermutung nahelegt, dass sich die Familien Zweitwagen kaufen. Die Erfahrungen aus Wuhan deuten darauf hin, dass die Verbraucher zwar vorsichtig sind, was die Rückkehr zum normalen Leben angeht, dass sie aber bereit sind, einige große Anschaffungen zu tätigen.

Quelle: msn, Foto: GM Wuhan

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Partnerschaft bewährt sich in Krise

Der chinesische Telekommunikationsanbieter ZTE hat Ende April 10.000 FFP2-Atemschutzmasken an das nordrhein-westfälische Gesundheitsministerium übergeben, weitere Spenden sind geplant. „ZTE ist seit 15 Jahren in Nordrhein-Westfalen zu Hause“, sagte Jie Sun, Managing Director bei ZTE Deutschland. „Zu unseren Kunden gehören alle großen deutschen Netzbetreiber, aber auch regionale Netzbetreiber aus NRW wie die NetCologne. Darüber hinaus sind wir Mitglied in Branchenverbänden, die ihren Sitz in NRW haben. Kurzum, wir fühlen uns mit dem Land NRW in besonderer Weise verbunden und möchten nun in dieser herausfordernden Zeit etwas zurückgeben.“ Begleitet wurde die Übergabe von der landeseigenen Wirtschaftsförderung NRW.Invest, deren Geschäftsführerin Petra Wassner feststellte: „ZTE engagiert sich seit Jahren in NRW und ist einer der größten chinesischen Investoren vor Ort. Es ist ein tolles Gefühl und gutes Zeichen, dass man sich in den Zeiten der Krise auf seine Partner verlassen kann und dass die gegenseitige Unterstützung bei allen im Vordergrund steht.“

Quelle und Foto: NRW.Invest

46.000

Unternehmen in China mussten im ersten Quartal 2020 für immer schließen.

Quelle: SCMP

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Wo Chinesen jetzt investieren

Einen Überblick über deutsche Unternehmen, bei denen Chinesen bereits investiert haben, gibt die Webseite Investment Plattform China / Deutschland. „Die im Zuge des Corona-Sell-Offs deutlich ermäßigten Kurse bieten Chancen zum Nachfassen – für Großaktionäre wie für Privatanleger“, schreibt Autor Sven Heckle und richtet sich mit seinem zweisprachigen Text auch an chinesische Leser. Ganz vorne stehe Daimler, bei dem der chinesische Staatskonzern BAIC zum größten Anteilseigner aufsteigen wolle und einen Anteil von zehn Prozent anstrebe – mehr als der chinesische Konkurrent Geely, der bereits 9,6 Prozent besitzt. So werden sich die Schwaben mit ihren beiden chinesischen Investoren arrangieren müssen – die nämlich dürften Ihre Anteile zu aktuell günstigen Kursen weiter aufstocken, meint die Webseite. Beim Roboterhersteller Kuka dagegen haben Investments haben keine Eile, heißt es weiter. Das Unternehmen habe schon vor der Corona-Krise gravierende operative Probleme gehabt, die sich jetzt zu einem Tsunami ausweiten könnten. Weitere Analysen bietet die Webseite zu Grammer, Heidelberger Druckmaschinen (Foto) sowie BioNTech. Fazit: „Ähnlich wie Anfang 2019 aufgrund des US-chinesischen Zollstreits dürfte nun die Corona-Krise die chinesischen Aktivitäten in Deutschland vorübergehend etwas ausbremsen. Gelingt in den kommenden Monaten der Sprung zurück zur Normalität, sollte die Kauflaune chinesischer Firmen steigen. Zumal die vielfach massiv gefallenen Aktienkurse nun ein weitaus günstigeres Umfeld für Übernahmen und Aktienkäufe bieten.“

Quelle: Investmentplattform China/Deutschland, Foto: HeidelDruck

 

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Autonomer Lkw für Europa, China und USA

Das chinesisch-amerikanische Start-up TuSimple und der deutsche Automobilzulieferer ZF Group wollen gemeinsam einen selbstfahrenden Truck entwickeln. Ziel ist eine Technologieplattform für fahrerlose Lkw, die in Massenproduktion gehen soll. „Ziel der Partnerschaft ist die Weiterentwicklung des autonomen Fahrens. ZF bringt sein Engineering-Know-how und seine Produkte in die Kooperation ein, TuSimple seine Erfahrung im Bereich autonome Lkw“, heißt es bei ZF. TuSimple wird in Partnerschaft mit ZF Kameras, Radare, Lidar-Sensoren und zentrale Computersysteme für selbstfahrende Lkw produzieren. ZF wird das Start-up dabei unterstützen, sein System in die Fahrzeuge zu integrieren. Die Partnerschaft wird in Europa, China und Nordamerika in Kraft treten. TuSimple hat Niederlassungen in China und den USA. Seit seiner Gründung 2015, hat TuSimple 300 Millionen Dollar von Investoren eingesammelt, zu denen UPS, NVIDIA und die SINA Corporation gehören. Mit seiner Bewertung von 1,2 Milliarden Dollar erreichte es 2019 den Einhorn-Status.
Das Start-up hat eine Flotte von 40 autonomen Lkw, die jede Woche etwa 20 Fahrten zwischen den US-Bundesstaaten Arizona und Texas zurücklegen. Komplett ohne Menschen kommen die Trucks jedoch noch nicht aus, jedes Fahrzeug hat einen menschlichen Sicherheitskontrolleur am Steuer sitzen.

Quellen: pressetext, TuSimple, Investmentplattform, Foto: TuSimple

China News

FC Wuhan kehrt aus Spanien zurück

Nach 104 Tagen im Exil sind die Spieler des chinesischen Erstligisten Wuhan Zall FC mit ihrem spanischen Trainer in ihre Heimatstadt zurückgekehrt - den Ursprungsort der Coronavirus-Pandemie, berichtet der Spiegel. „Nach mehr als drei Monaten des Herumreisens sind unsere vom Heimweh geplagten Spieler endlich wieder zu Hause“, schrieb der Verein auf Weibo. Die Mannschaft des spanischen Trainers Jose Gonzalez hatte am 3. Januar Wuhan verlassen, um zunächst in Guangzhou zu trainieren. Dort waren sie von der Abriegelung Wuhans überrascht worden und zum Trainingscamp nach Spanien geflogen. Als Corona auch in Spanien zum großen Problem wurde, flogen die Spieler Mitte März mit längerem Zwischenstopp in Frankfurt zurück nach China. In Shenzhen mussten sie drei Wochen lang in Quarantäne. Anschließend trainierten sie in Foshan, bevor sie jetzt wieder nach Wuhan zurückkehren konnten.
Noch gibt es keine finale Entscheidung darüber, wann die Chinese Super League in die neue Saison startet. Der Trainer von Tianjin Teda, Uli Stielike, erklärte: „Eventuell beginnt die Meisterschaft wieder Ende Juni oder Anfang Juli.“ Noch sind viele der 81 ausländischen Profis der China Super League von der von China verhängten Einreisesperre für Ausländer betroffen und kommen nicht ins Land.

Quellen: Spiegel, SZ, tz, gazete futbol, Sportschau, Screenshot: YouTube

240

Tonnen medizinischer Abfallprodukte pro Tag entstanden in Wuhan zum Höhepunkt der Corona-Krise. Das sind sechs Mal mehr als üblicherweise.

Quelle: SCMP

China News

Scheidungsraten schnellen in die Höhe

In ganz China haben außergewöhnlich viele Paare nach den Wochen der Quarantäne die Scheidung beantragt, schreibt die Webseite SupChina. Die nordwestliche Stadt Xi'an meldete eine Rekordzahl von Scheidungsanträgen seit der Wiedereröffnung der örtlichen Eheregister am 1. März, und auch in Dazhou in Sichuan stiegen die Scheidungsanträge. In Miluo in der Provinz Hunan hatten „Mitarbeiter nicht einmal Zeit, Wasser zu trinken“, weil so viele Paare Schlange standen, berichtete Mitte März die Website der Stadtverwaltung. „Wenn Paare Tag und Nacht zusammen verbringen, ist es schwer, Eheprobleme zu beschönigen oder zu verbergen“, kommentierte ein Internet-Nutzer. „Diese Nachricht ist nicht überraschend.“
In China werden über 70 Prozent der Scheidungen von Frauen eingeleitet, Eheschließungsraten sind seit mehreren Jahren rückläufig, einige Kommunalverwaltungen experimentieren mit Scheidungstests und anderen Ideen, um die hohe Scheidungsrate zu verringern. 2019 ließen sich 4,15 Millionen Paare in China scheiden.

Quellen: Global Times, SupChina, Bloomberg, Foto: Shutterstock

China News

China testet digitalen Yuan

In vier Städten erprobt China eine staatliche Digitalwährung: in Chengdu, Xiong’an, Shenzhen und Suzhou. Zunächst erhalten einige Regierungsbeamte die Hälfte ihrer Pendlerpauschale in der neuen Währung, schreibt das Wall Street Journal. In sozialen Medien kursieren Screenshots, so lassen sich die Finanztransaktionen in einem Menüfeld nachverfolgen, das Digitalgeld kann auf ein Bankkonto überwiesen werden, schreibt die RP. Die Währung hat noch keinen offiziellen Namen und wird schlicht „digitaler Yuan“ genannt. Im Gegensatz zu Bitcoin ist sie nicht anonym, so können Geldströme verfolgt und kontrolliert werden. Sie soll einen Teil, aber nicht die gesamte bestehende Währung in China ersetzen. Ihre Einführung dient nun teilweise der Vorbereitung auf die Olympischen Winterspiele 2022 in Peking, heißt es beim Forschungsinstitut der Zentralbank. Einen offiziellen Zeitplan gibt es nicht. Bis vor drei Jahren galt China mit seiner technikaffinen Bevölkerung als riesiger Markt für Bitcoins, dann wurde das Spekulieren mit digitalen Währungen verboten.

Quellen: WSJ, RP, Caixin, Foto: Shutterstock

„Unser starker Marktanteil hat sich durch die Corona-Krise weiter verbessert. Wir profitieren von zwei Effekten: Es gab eine aufgestaute Nachfrage. Zudem gibt es in China seit der Corona-Krise einen gesteigerten Bedarf an individueller Mobilität. Die Menschen vermeiden es, in öffentlichen Verkehrsmitteln unterwegs zu sein.“

Volkswagen China-Chef Stephan Wöllenstein
Quelle: Business Insider

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Umzug zum zehnjährigen Jubiläum

Zehn Jahre Medienbüro Düsseldorf | Beijing: Zum Jubiläum sind wir in neue Räume im Düsseldorfer Norden zwischen Flughafen und Messe gezogen. Das Medienbüro Düsseldorf | Beijing, das auch diesen China Business Forum Newsletter herausgibt, wurde 2010 von der Wirtschaftsjournalistin Astrid Oldekop in Düsseldorf und Peking gegründet. Es gibt deutsch-chinesische Medienprodukte heraus, konzipiert und organisiert Konferenzen und steht Unternehmen und Organisationen beratend beim Schritt in das andere Land zur Seite. „Wir helfen Ihnen, China zu verstehen, damit Sie in China verstanden werden“ – das tun wir moderierend, schreibend und beratend.

Weitere Infos
Grafik: mdb

6,8%

Um diesen Prozentsatz ist Chinas Bruttoinlandsprodukt im ersten Quartal 2020 im Vorjahresvergleich gesunken. Damit schrumpfte Chinas BIP erstmals seit 1976.

Quelle: Deutsche Welle

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Die Seele eines unbekannten Landes

Als Simone Harre 2014 erstmals nach China reist, erkennt sie, dass sie alles, was sie zuvor über die Volksrepublik gedacht hat, revidieren muss. Auf der Suche nach dem „wahren China“ reist die Freiburgerin fünf Jahre lang regelmäßig durch das Land. Dabei begegnet sie Milliardären, Taxifahrern, Künstlern, Bauern, alten wie jungen Menschen. Diese Begegnungen hat sie in 50 literarischen Porträts verarbeitet, die tiefe Einblicke in das Leben der Menschen hinter der kommunistisch-kapitalistischen Kulisse geben und zeigen, was die Menschen bewegt und antreibt. „Die menschliche Seite Chinas“, schreibt EU-Handelskammerpräsident Jörg Wuttke über das Buch. „In Zeiten von Handelskriegen und politischen Auseinandersetzungen erinnert uns dieses wichtige Buch an die Gemeinsamkeiten, die wir mit vielen Chinesen haben: Die Träume, Sorgen und Glücksmomente.“

Simone Harre: China, wer bist du? Eine Reise in die Seele eines unbekannten Landes. Reisedepeschen. 26 Euro.

Foto: Simone Harre

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Chinesen kaufen sich in Nordeuropa ein

2019 investierten chinesische Unternehmen in Europa zwölf Milliarden Euro, mehr als ein Drittel weniger als im Vorjahr. Gründe hierfür waren anhaltende chinesische Kapitalverkehrskontrollen, das Vorgehen der Regierung in Beijing gegen „irrationale“ Akquisitionen sowie die Kampagne zur Schuldenreduzierung, die finanzielle Spielräume für Auslandsinvestitionen einschränkte. Das sind die Ergebnisse einer Studie der Rhodium Group und Merics. Die geografische Verteilung der chinesischen Investitionen innerhalb der EU hat sich 2019 verschoben: Zum ersten Mal seit 2010 waren nordeuropäische Länder mit 53 Prozent aller Investitionen Hauptempfänger von chinesischem Kapital. Diese überholten Großbritannien, Deutschland und Frankreich. Die Bereiche Konsumprodukte und Dienstleistungen lösten den Automobilsektor als Hauptinvestitionsziel ab.
Die globale Corona-Pandemie wird sich weiter massiv auch auf Chinas Auslandsinvestitionen auswirken, heißt es in der Studie. Vorläufige Daten weisen darauf hin, dass diese im ersten Quartal 2020 auf den niedrigsten Wert seit einem Jahrzehnt gefallen sind. Die Autoren gehen zwar davon aus, dass sie im Lauf des Jahres wieder anziehen werden, eine Rückkehr zu den Rekordhöhen der Jahre 2015/16 sei aber unwahrscheinlich.
Im Bereich Forschung und Entwicklung, dem die Studie einen besonderen Schwerpunkt widmet, intensiviert sich die Zusammenarbeit zwischen chinesischen und ausländischen Unternehmen, Universitäten und Regierungen. Der Großteil dieser Partnerschaften ist aus europäischer Sicht wünschenswert und unbedenklich. Einige Kooperationen aber geben Anlass zur Sorge, weil sie einen Technologietransfer nach China bis hin zur militärischen Nutzung mit sich bringen oder zum Ausbau von Überwachungskapazitäten des chinesischen Staates beitragen könnten, schreiben die Autoren. Sie sprechen sich dafür aus, auch die Zusammenarbeit in Forschung und Entwicklung regulär zu prüfen. Forscher in Unternehmen und Universitäten müssten chinesische Firmen und Chinas Politik besser verstehen lernen, um Risiken zu identifizieren und verringern.

Agatha Kratz, Mikko Huotari, Thilo Hanemann, Rebecca Arcesati:  Chinese FDI in Europe: 2019 update. Merics / Rhodium Group. Online-Studie.

Grafik: mdb

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Unterbrochene Lieferketten, gesunkene Nachfrage

„Deutsche Unternehmen in China sind technisch in der Lage, nahezu auf Vorkrisenniveau zu produzieren, doch die chinesische Wirtschaft braucht mehr Anreize, um schneller wieder in Schwung zu kommen, insbesondere angesichts der globalen Wirtschaftslage“, fasst Maximilian Butek von der Deutschen Handelskammer in China das Ergebnis einer Umfrage von Ende März zusammen. Ein positives Zeichen: Personalbestand, Produktionsmöglichkeiten und interne Logistik hatten sich für die meisten Befragten Ende März wieder normalisiert. Dennoch blieben Nachfrage und Absatz für deutsche Unternehmen auf dem Weg zur Wiederaufnahme der Geschäftstätigkeit ein großes Problem.
Mit der weltweiten Pandemie verlagerten sich die Herausforderungen auf Reisebeschränkungen und Quarantänemaßnahmen, eine geringere Nachfrage nach Produkten und Dienstleistungen sowie die Unterbrechungen der globalen Lieferketten.
Die wirtschaftlichen Auswirkungen auf die Unternehmen sind nach wie vor gravierend: Mehr als zwei Drittel der Befragten prognostizierten einen zweistelligen Umsatzrückgang in der ersten Jahreshälfte. Auf die Herausforderungen reagieren die Unternehmen mit unterschiedlichen strategischen Antworten. Die Mehrzahl ist bestrebt, Investitionen zu verschieben oder zu streichen, doch einige Unternehmen bleiben bei ihrer China-Strategie.

Deutsche Handelskammer in China: Covid-19’s Economic Impact: German Businesses on Track to Recovery – Demand now Major Concern. Online-Report.

Foto: Bosch

77.000

Leben wurden durch den Coronavirus-Lockdown in China gerettet – weil die Luftverschmutzung zurück ging.

Quelle: Forbes

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Tagebücher aus Wuhan

In ihrem Online-Tagebuch berichtet die Autorin Fang Fang sehr persönlich über ihre Erfahrungen im abgeriegelten Wuhan. Die Autorin berichtete vom 25. Januar bis 25. März auf der Microblogging-Plattform Weibo offen und einfühlsam über das Leiden der Bürger in der Millionenstadt. „Wenn Autoren im Angesicht einer Katastrophe Verantwortung tragen, dann ist die größte von ihnen, Zeugnis abzulegen“, erklärte sie. Inzwischen haben Millionen Menschen das Tagebuch gelesen, das auf Englisch übersetzt wurde und unter dem Titel „Die Wuhan-Tagebücher“ im Juni in Deutschland erscheint. Während Fang Fang im Ausland mit Lob überschüttet werde, werde sie in China zunehmend zur Persona non grata, schreibt Merics. Das „Gewissen von Wuhan“, wie ihre Fans sie nannten, wird von ihren Landsleuten inzwischen immer häufiger wegen der Enthüllung unbequemer Wahrheiten und der Umgehung der Zensur kritisiert. Manche bemängeln, dass die hastig übersetzten und veröffentlichten Aufzeichnungen im Westen politisch instrumentalisiert werden. In Chinas sozialen Medien haben Nutzer offizielle Dokument veröffentlicht, die Fang Fangs Immobilienbesitz offenlegen. Die Kritiker werfen ihr Verrat für die Annahme von Steuergeldern als “Kader” vor, Fang Fang war früher Vorsitzende des Schriftstellerverbands von Hubei. Die Autorin „demütige“ durch ihre Publikationen ihr Land, heißt es weiter.

Fang Fang selbst lässt sich laut Merics nicht einschüchtern. In einer Reaktion verglich sie die Stimmung in Chinas sozialen Medien mit der Atmosphäre während der Kulturrevolution. Ihr Tagebuch und die Reaktion darauf sei durch die Debatte zum Spiegel der gespaltenen chinesischen Gesellschaft geworden.

Fang Fang: Die Wuhan-Tagebücher. Hoffmann und Campe. Ab 9. Juni 2020.

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Corona-Stresstest für die KPC

Trotz der historischen Ausmaße der Coronavirus-Epidemie und der katastrophalen Auswirkungen auf die Wirtschaft ist die Kommunistische Partei Chinas (KPC) bislang gestärkt aus der Krise hervorgegangen. Das ist das Fazit des Merics Policy Briefs „Corona in China: Ein Stresstest für die KPC“. Darin warfen Nis Grünberg und Katja Drinhausen im März einen genauen Blick auf Beijings Umgang mit der Krise. Insbesondere die Analyse der ersten Phase des Ausbruchs zeigt demnach Stärken und Schwächen von Chinas Regierungssystem auf. Einerseits stellte Beijing seine Fähigkeit unter Beweis, binnen kurzer Zeit Millionen von Menschen zu mobilisieren, um in Wohnbezirken Quarantäne-Auflagen umzusetzen. Auch nutzte China die Krise, den Einsatz von IT und Big Data zur Überwachung der Bürger voranzubringen, beispielsweise mit einer App zur Ermittlung des Gesundheitszustands. Zugleich brachten die ersten Wochen auch systemische Schwächen zutage. Die medizinischen Alarmroutinen funktionierten reibungslos. Informationen über das neuartige Virus waren zum Beispiel schnell verfügbar. Doch der Informationsfluss wurde aus politischen Gründen unterbunden – und notwendige schnelle Reaktionen verzögert. Die Krise zeigte auch, dass der Austausch zwischen Zentrale und regionalen Regierungen nicht reibungslos verläuft: Um den ehrgeizigen Vorgaben aus Beijing zu genügen, fälschen die zuständigen Behörden auf lokaler Ebene weiterhin häufig die Statistiken – ein potenzielles Risiko auch im Falle eines Neuausbruchs der Corona-Epidemie.  

Nis Grünberg, Katja Drinhausen: Coronavirus in China: A stress test for the CCP. Merics. Online-Studie.

Foto: Thinkstock

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